Neapel: Die pulsierende Stadt beim Super-Vulkan

Laut, voll, chaotisch – und doch so charmant, wunderschön und faszinierend. Ein Trip nach Neapel ist viel, aber ganz sicher nicht langweilig. Wie ich die drittgrößte Stadt Italiens erlebt habe und welche Dinge ihr bei eurer Reise berücksichtigen solltet.

Schon auf der Taxifahrt vom Flughafen zum Apartment kommen wir aus dem Staunen nicht heraus. Der Grund dafür ist aber nicht Begeisterung, sondern Entsetzen. Denn abgesehen vom Durcheinander im Verkehr, den lauten Hupkonzerten, den waghalsigen Fahrmanövern und den fast ausnahmslos zerbeulten Autos stechen uns vor allem der Müll auf der Straße, die Graffitis an den Hauswänden und die Menschenmassen in den Gassen ins Auge. Klar, Neapel ist als lebendige, quirlige Stadt bekannt. Aber das? Ich ahne noch nicht, dass sich der unschöne erste Eindruck innerhalb weniger Stunden relativieren wird. 

Schneller Gewöhnungseffekt

Bei der Ankunft im Apartment Residenza Napoli Centrale atmen wir erstmals auf: viel Platz, nette Einrichtung, schön sauber und trotz der Stadtlage ziemlich ruhig. Um nicht zu viel Zeit zu verlieren, verlegen wir das Auspacken auf den Abend und machen uns gleich auf den Weg zu den ersten Sehenswürdigkeiten. Erkenntnis Nummer eins: Wenn man eine ungeregelte Kreuzung queren will, geht man einfach los – sonst kommt man nie hinüber. Denn solange die Straße frei ist, drücken Auto- und Mopedfahrer aufs Gaspedal. Daran gewöhnt man sich aber überraschend schnell, wie wir feststellen. Erkenntnis Nummer zwei: „Coffee to go“ gibt’s an jeder Ecke und sehr günstig, wird aber oft in Einwegbechern aus Plastik ausgegeben. Darauf verzichten wir lieber. 

Das Castel Nuovo war einst die Residenz der Herrscher. © Bernadette Strobl

Beim Castel Nuovo legen wir unseren ersten Stopp ein. Die mittelalterliche Burg wurde ab 1279 errichtet und diente als Festung sowie Residenz der Herrscher. Heute befindet sich das Museo Civico darin. Es beherbergt unter anderem Skulpturen und Fresken sowie verschiedenste Objekte aus Silber und Bronze. Wir werfen keinen Blick ins Innere, weil sonntags geschlossen ist und wir ohnehin mehr Zeit für den nahe gelegenen Königspalast Palazzo Reale eingeplant haben. 

Imperialer Zauber

Der Palazzo Reale war bis 1861 die Residenz des Königshauses Bourbon-Sizilien, bis 1946 eine Residenz des Hauses Savoyen. Mit Audioguides ausgerüstet erkunden wir die monumentale Ehrentreppe, den Thronsaal, das kleine Hoftheater und das aus mehr als 30 Räumen bestehende Appartamento storico. Die Prunksäle mit ihren Fresken, Gemälden und Ausstellungsstücken sind durchaus sehenswert. Wir verbringen rund 1,5 Stunden im Königspalast.

Der Palazzo Reale ist heute ein staatliches Museum mit vielen Prunkräumen. © Bernadette Strobl

Tipp: In der Nähe des Palazzo Reale befindet sich das elegante Gran Caffè Gambrinus. Oscar Wilde, Ernest Hemingway und Jean Paul Sartre waren dort schon zu Besuch. Die Preise sind dementsprechend hoch. Kaffee und Kuchen sind ihr Geld aber absolut wert, wie wir finden. Unsere Favoriten: Der Caffè Gambrinus mit Kakao und Schlagobers sowie die beiden napoletanischen Klassiker Pastiera und Babá. 

Gestärkt machen wir uns auf den Weg zur Galeria Umberto I. Die prächtige Einkaufspassage gegenüber dem Opernhaus erinnert an die Viktor-Emanuel-Passage in Mailand. Das liegt vor allem an der imposanten Glaskuppel und den Bodenmosaiken. Architektonisch interessant, als Einkaufs-Hotspot aber nur begrenzt zu empfehlen. Eine bessere Shoppingadresse scheint uns die Via Toledo zu sein.

Unseren ersten Sightseeing-Nachmittag beenden wir mit einer köstlichen Pizza Fritta bei Antica Pizza Fritta da Zia Esterina Sorbillo und einem Spaziergang am Hafen. 

Der Hafen von Neapel ist einer der größten in ganz Italien. © Bernadette Strobl

Tipp für Pizzafans: Essenspläne solltet ihr in Neapel am Besten schmieden, bevor der große Hunger kommt. Denn besonders vor den beliebten Pizzerien sind lange Schlangen nichts Ungewöhnliches. Die Gäste ziehen eine Nummer und warten, bis ihr Essen fertig oder ein Sitzplatz frei ist. Nicht einschüchtern lassen, ein bisschen Geduld zahlt sich aus! Für uns geschmacklich ganz vorne: Die Pizzeria Di Matteo und die L’Antica Pizzeria da Michele

Zeitreise in die römische Antike 

An Tag zwei unternehmen wir einen geführten Ausflug nach Pompeji und zum Vesuv, der wie eine ständige Bedrohung über der Bucht von Neapel thront. Der Vulkan ist der einzige aktive auf dem europäischen Festland und steht unter ständiger wissenschaftlicher Beobachtung. Ein Ausbruch würde auch heute verheerende Folgen nach sich ziehen. Wie diese aussehen könnten, lässt Pompeji vermuten. In der antiken Ruinenstadt ist das römische Leben wie auf einem Schnappschuss festgehalten. Das Forum, das große Theater, Thermalbäder, Bäckereien, Fast Food-Bars, Häuser und Straßen: Alles wurde von der Asche konserviert. Selbst die Einwohner wirken, als wären sie im letzten Moment ihres Lebens erstarrt. 

Bei einer Führung durch Pompeji lässt sich erahnen, wie die Menschen früher gelebt haben. © Bernadette Strobl

Wir erfahren, wie dieses bizarre Abbild beim Vesuv-Ausbruch im Jahr 79 n. Chr. entstanden ist, warum viele Menschen nicht fliehen konnten und was es mit pyroklastischen Strömen auf sich hat. 

Eindrucksvoller Krater 

Danach machen wir uns auf den Weg zum Vesuv. Der Ausflugsbus bringt uns bis zum Parkplatz in 1.000 Meter Höhe, die restlichen 300 Meter zum Gipfel legen wir zu Fuß zurück. Dort können wir leider nur erahnen, wie toll die Sicht in den Krater und auf den Golf von Neapel sein muss. Das Wetter spielt nämlich nicht mit: Es ist kalt, regnerisch – und vor allem nebelig. Wir genießen den Ausblick dennoch, so gut es geht. 

Ein Blick in den Krater des Vesuv war trotz dichtem Nebel möglich. © Bernadette Strobl

Tipp: Warm anziehen! Die Temperaturen auf dem Vesuv sind nicht mit denen in der Stadt vergleichbar. Selbst im Sommer nehmt ihr am Besten eine warme Jacke und einen Regenschirm mit. Wanderschuhe hingegen sind nicht unbedingt nötig. Der Schotterweg aus rotbraunem Vulkangestein ist breit und gut begehbar. 

Am Abend machen wir einen Abstecher zur Einkaufsstraße Via Toledo. Dabei geht es uns mehr um den Weg, als ums Shopping. Denn die Metro Linie 1 gilt als eine der schönsten U-Bahnen Europas. Alle Stationen sind künstlerisch gestaltet. Besonders eindrucksvoll ist die in Blau getauchte Stazione Via Toledo mit ihrem Lichttunnel über den Rolltreppen. 

Traum-Aussicht auf dem Vomero 

Am nächsten und letzten Tag wollen wir endlich einen ungetrübten Panoramablick genießen. Wir besuchen das Castel Sant’Elmo, das auf dem Gipfel des Vomero liegt und als Wahrzeichen Neapels gilt. Endlich! Bei strahlendem Sonnenschein haben wir eine wunderbare Aussicht auf die Bucht von Neapel. 

Den besten Ausblick über Neapel haben wir beim Castel Sant’Elmo genossen. © Bernadette Strobl

Tipp: Auf dem Weg zur Burg entdecken wir das Eisgeschäft Casa Infante. Dort essen wir das beste Pistazien-Eis unseres Lebens. Delizioso!

Natürlich zieht es uns auch in die Altstadt, die zum UNESCO Weltkulturerbe zählt. Dort gibt es jede Menge zu entdecken: Kirchen und Kapellen, Palazzi, historische Häuser, Pizzerien, Souvenir-Shops, Delikatessenläden und schmale Seitengassen, in denen weiße Wäsche im Wind flattert. Die Lebensfreude der Einwohner ist hier ganz besonders spürbar. 

Die größte Enttäuschung unseres Kurztrips erfahren wir übrigens vor dem Museo Archeologico Nazionale di Napoli: Ausgerechnet dienstags ist es geschlossen und so  verpassen wir es, eine der bedeutendsten archäologischen Sammlungen der Welt zu besichtigen. Ein guter Grund, um wiederzukommen? Auf jeden Fall – und beim nächsten Mal erkunden wir auch gleich die bezaubernde Amalfiküste.