Wie Calisthenics dein Training bereichern

Calisthenics vereinen Kraft mit absoluter Körperkontrolle und Beweglichkeit. Dass die Körpergewichts-Übungen fixer Bestandteil jedes Workouts sein sollten, liegt für Florian Schachner vom Team Alpha Bar auf der Hand.

Am Latzug bist du stark, aber Klimmzüge sind nicht gerade deine Paradedisziplin? Schultern, Arme und Rumpf sind gut durchtrainiert, aber einen Handstand hast du noch nie geschafft? Viele Sportler haben zwar Kraft – es fehlt vielen ihnen aber an Koordination, Körperspannung, Balance und Beweglichkeit. 

Ein Defizit, das Florian Schachner nur allzu bekannt ist. Der 29-Jährige ist einer der Gründer von Team Alpha Bar, dem offiziellen österreichischen Sportverein für Calisthenics und Street Workout. „Ich habe mein Leben lang Sport betrieben, unter anderem auch Krafttraining. Einzelne Muskelgruppen wurden dabei natürlich gut angesprochen und sind dementsprechend gewachsen. Meine gesamtheitliche Fitness hat jedoch merklich abgenommen – und das hat mich gestört.“ Vor sechs Jahren begann Schachner schließlich mit Calisthenics.

Kraft auf einem neuen Level 

Calisthenics, auch Street Workout genannt, kommt aus den USA und ist eigentlich nichts anderes als Training mit dem eigenen Körpergewicht. Die Übungen werden meistens an Reckstangen, Barren oder Sprossenleitern absolviert. Bekannt geworden ist die Sportart vor allem durch ästhetische und spektakuläre Skills wie Human Flag, Muscle-Up oder Planche Push-Up. Um sie zu beherrschen, ist meist mehrmonatiges Training nötig. „Ich kann mich erinnern, dass sich meine Familie schiefgelacht hat, als ich bei einer gemeinsamen Wanderung an jedem Baum versucht habe, meine Flag zu perfektionieren“, erinnert sich Schachner.

Florian Schachner – hier beim Back Lever – hat vor sechs Jahren mit Calisthenics begonnen. Heute baut er mit seiner Firma „Barzflex“ sogar selbst Workoutparks.

Aber egal, ob man Calisthenics auf Profi- oder Anfängerniveau praktiziert: „Bei den Übungen werden immer ganze Muskelgruppen angesprochen, so wie sie auch bei der natürlichen Bewegung angesteuert werden“, sagt Schachner. Dadurch wird sowohl das Zusammenspiel zwischen den einzelnen Muskeln (intermuskuläre Koordination), als auch zwischen Nerven und Muskulatur (intramuskuläre Koordination) verbessert. 

„Ich finde, jeder sollte sich durch Übungen mit dem eigenen Körpergewicht bereichern lassen. Heute verbringen die meisten Menschen ihren Alltag im Sitzen – bei der Arbeit, im Auto, vor dem Fernseher und Computer. Der Rücken- und der Schultergürtel werden dabei stark in Mitleidenschaft gezogen. Calisthenics stärken vor allem diese Muskelgruppen, beugen Verspannungen sowie Verletzungen vor und verbessern die Beweglichkeit.“
Florian Schachner, Team Alpha Bar

Calisthenics-Grundübungen fürs Gym

Die meisten Calisthenics-Grundübungen sollten ohnehin Teil des klassischen Krafttrainings sein. Dazu zählen vor allem Liegestütze (Push-Ups), Klimmzüge (Pull-Ups), Barrenstütz (Dips), Beinheben (Leg Raises) und Kniebeugen (Squat). Du machst das alles schon regelmäßig? Super, dann kannst du auch gleich noch Handstand (Handstand) und Brücke (Bridge) ins Workout einbinden. Sie schulen Balance und Beweglichkeit.

Um nicht immer auf demselben Level zu bleiben, solltest du den Schwierigkeitsgrad der jeweiligen Übung regelmäßig steigern. Beispiel Liegestütze: Die leichteste Version absolvierst du im Stehen an der Wand (Wall Push-Ups), die schwierigste am Boden mit nur einem Arm (One Arm Push-Up). Auf YouTube gibt es zahlreiche Videos, in denen verschiedenste Übungen ganz genau beschrieben und gezeigt werden. 

Die gute Nachricht für Calisthenics-Anfänger: Wer bis jetzt schon regelmäßig mit Gewichten trainiert hat, tut sich beim Einstieg höchstwahrscheinlich leichter. „Insbesondere hilft es, wenn die Schultern und der Rücken kräftig sind. Außerdem bemerken wir, dass Sportbegeisterte mit Vorerfahrungen aus dem Klettern oder Turnen bereits einiges an Kraft, Koordination und Körperspannung mitbringen. Ihnen sind auch gewisse Bewegungsabläufe bekannt und sie können bereits an einem höheren Level anknüpfen. Blutige Sportneulinge machen aber auch sehr rasch Fortschritte“, verspricht Schachner. 

Training in der Gruppe

Wer mehr will als bloß die Grundübungen im Gym zu machen, ist bei diversen Calisthenics-Vereinen oder in Wiens Workoutparks gut aufgehoben. Einer davon befindet sich zum Beispiel in der ASKÖ Sportanlage Hopsagasse in Wien-Brigittenau. Um weitere Standorte zu finden, ist die App Calishtenics Parks empfehlenswert.

Schachner selbst bietet unter anderem wöchentliche Flag-Trainings an, weil dieser Skill ganz besonders gefragt ist. Die Workouts beginnen mit Aufwärmübungen für Hände, Arme und Schultergürtel. Danach folgen Vorübungen, welche die entsprechenden Muskelgruppen optimal auf die Bewegung vorbereiten. „Wir arbeiten mit Sprossenwänden, bestenfalls mit sehr vielen Quersprossen, um möglichst jedem die ideale Griffweite zu gewährleisten.“